Corona - Hilfe in der Krise

An der Seite der Menschen
Durch die Coronakrise hat sich die Situation vieler Menschen im Globalen Süden drastisch verändert und mit ihr auch die Arbeit der Partnerorganisationen der Dreikönigsaktion.
Die Pandemie hat unsere Welt noch immer fest im Griff. Sie hat die Situation vieler Menschen im Globalen Süden drastisch verändert und mit ihr auch die Arbeit der Partnerorganisationen der Dreikönigsaktion.
Viele Länder erleben derzeit einen Kollaps ihrer Gesundheitssysteme. Besonders betroffen sind jene, die kaum oder keinen Zugang zu ärztlicher Versorgung oder Medikamenten haben. Durch die Lockdown Maßnahmen ist vieler Orts die lokale Wirtschaft zusammengebrochen, die Menschen haben ihre Arbeit verloren, die Versorgung mit Lebensmittel kann nicht mehr garantiert werden.
In schwierigen Zeiten füreinander da sein
Februar 2021
Je länger die Corona-Krise die Welt in Griff hält, desto mehr verschwinden die Berichte über die Betroffenheit der Länder des Globalen Südens aus den Medien. Fest steht, die Pandemie hat die Situation vieler Menschen in den Projektländern drastisch verändert und mit ihr auch die Arbeit der Partnerorganisationen der Dreikönigsaktion.
Von heute auf Morgen mussten unsere Partnerorganisationen ihre Arbeit umstellen. In den ersten Monaten ging es um die Verteilung von Lebensmittelpaketen, die Versorgung mit Hygieneartikeln und mit dem notwendigen Mund-Nasenschutz. Aufklärung stand (und steht noch immer) im Zentrum ihrer Tätigkeiten. In den Armutsregionen war Covid von Anfang an auch eine Frage des schlichten Überlebens, da durch Jobverlust und Ausgangssperren Hunger zu einem zentralen Problem wurde. Die staatlichen Hilfsprogramme waren in vielen Ländern viel zu schwach um die Not der Menschen zu lindern und mussten von NGOs ergänzt werden. In Indien zum Beispiel produzierten die vielen in den letzten 20 Jahren gegründeten Frauenselbsthilfegruppen tausende Masken und Seifen. Kostengünstig und schnell konnte in den Dörfern die Versorgung mit notwendigen Vorsorge- und Schutzmaterialen sichergestellt werden - rasch und effizient auch dort, wo Regierungsinstitutionen nicht hingekommen sind.
Nicht nur, dass unsere Partner*innen seit dem Ausbruch der Pandemie besonders gefordert waren den Menschen, denen ihre Arbeit gilt zur Seite zu stehen, berichten viele auch von Erkrankungen in ihren Teams, im familiären Umfeld bzw. im Freundeskreis und unter den begleiteten Gruppen. Es braucht viel Unterstützung der Angehörigen, leider sehr oft auch viel Trauerbegleitung.

Medizinisch Auszubildende eines Krankenhauses in Baruipur, Westbengalen.
Zugleich hat die Krise auch sichtbar gemacht, wie wichtig die Arbeit unserer Projektpartner/innen ist. Die Leiterin der philippinischen NGO „Don Bosco Foundation for Sustainable Development“, Maria Helenita Ruizo-Gamela schrieb kürzlich: “Die Covid-Krise hat den Menschen die Augen geöffnet, wie wichtig Ernährungssicherheit und die Herstellung von Lebensmitteln, zum Beispiel in Gemüsegärten, für die eigenen Familie ist. Ohne unsere Aktivitäten und die Unterstützung durch die Dreikönigsaktion, hätten viele Familien im letzten Jahr massiv Hunger gelitten.“
Menschen reagieren unterschiedlich auf Krisen, während sie die einen lähmt ergreifen andere die Krise als sprichwörtliche Chance: Zum Beispiel Mahabuba aus Mograhat in der Nähe von Kolkatta/Indien, die uns folgende Zeilen zukommen ließ:
Hallo, ich bin Mahabuba. Ich habe fünf Geschwister. Ich möchte mein eigenes Geld verdienen. Damit ich für mich selber sorgen, und meine Familie unterstützen kann. Ich möchte noch nicht heiraten. Aber hätte ich die Ausbildung nicht angefangen, wäre ich gezwungen worden zu heiraten. Meine Familie hätte sich nie leisten können, meine Ausbildung als Pflegehelferin zu bezahlen. Ich bin sehr dankbar, und werde diese Chance nutzen und mir eine Zukunft aufbauen. Zu Hause gab es anfangs Widerstand, dass ich einen Beruf lerne, weil das noch nie ein Mädchen aus meinem Dorf gemacht hat. Aber ich werde es allen beweisen, dass Frauen das auch können. Ich will ein Vorbild für die jüngeren Mädchen in meinem Dorf sein.
Ihre Ausbildung ist mittlerweile abgeschlossen und Mahabuba arbeitet in einem lokalen Krankenhaus.
Die Kreativität und die Energie mit der Menschen wie sie täglich aufs Neue die Krise meistern ist einzigartig. Sich an neue Situationen anzupassen und immer das Beste daraus zu machen, ist ihre Stärke. Auf den Philippinen gibt es dazu ein eigenes Sprichwort: „mamaluktot habang maikli ang kumot.” – lerne deine Knie zu beugen, wenn die Decke zu niedrig ist“.

Mahabuba, 18 Jahre alt
Corona 2021 – ein globaler Rundumblick
Die Corona Pandemie beherrscht nach wie vor unseren Alltag. In wenigen Wochen jährt sich der erste Lockdown – und wir stecken mitten im Dritten, ohne zu wissen, wann er vorbei ist. Aber wie ist die Situation in den Projektländern? Vor allen in Hinblick auf die Impfung, die ja für Europa der Silberstreif am Horizont ist. Ein Update.
Februar 2021
Lateinamerika
Die Corona-Pandemie wird Lateinamerika noch etwas länger im Griff haben als beispielsweise europäische Länder. Bisher haben Impfungen nur in Argentinien (mit dem russischen Vakzin Sputnik V) sowie in Mexiko, Chile und Costa Rica (alle mit Pfizer/BioNTech) begonnen.
Zwar haben einige Regierungen mittlerweile Impfstoffe bestellt, andere stecken aber noch immer in harten Verhandlungen. Es scheint ein weltweiter Wettlauf zwischen den Staaten stattzufinden, dem sich auch die lateinamerikanischen Länder beugen müssen. Immerhin lassen immer mehr Länder verschiedene Impfstoffe zu, wie Mexiko in diesen Tagen den von AstraZeneca. In Brasilien hat der Gesundheitsminister angekündigt, es wird am Tag X ausreichend Impfungen für alle geben. Es gibt aber keine Information, wann der Tag X sein könnte. Testmöglichkeiten gibt es nur privat. Spitalsbetten bleiben knapp. Aus ländlichen Gebieten z.B. Amazonas können Menschen nicht mehr in städtischen Spitälern aufgenommen werden, weil die Kapazitäten erschöpft sind.
Afrika
Hoffnung gibt die von der EU-Kommission, der Weltgesundheitsorganisation und Frankreich ins Leben gerufene COVAX-Initiative, welche dafür sorgen soll, dass alle Länder gleichberechtigten Zugang zu Corona-Impfstoffen haben. Ärmere Länder sollen auch finanziell unterstützt werden. 46 afrikanische Staaten können laut WHO darauf hoffen.
Angeblich hat COVAX Zugang zu 2 Milliarden Dosen Impfstoff, welche zwischen Ende Jänner und Mitte Februar an "die ärmsten Länder der Welt" verteilt werden sollten. Allerdings scheint die Finanzierung nicht sichergestellt zu sein, und daher könnte es bis 2024 (!) dauern, bis in Afrika flächendeckende Impfaktionen stattfinden können.
Herausfordernd wird die Lagerung der Impfstoffe - der Impfstoff von BioNTech-Pfizer muss ja bei etwa -70 Grad gekühlt werden. Probleme, insbesondere im Bereich der Lagerung und Verteilung dieser Impfungen, sowie durch den Energiebedarf werden erwartet. Es gibt Bemühungen was die Herstellung von eigenen Impfstoffen angeht. Uganda führt bspw. bereits eigene Versuche durch.
Asien
Indien wird hat Mitte Jänner 2021 begonnen, mit AstraZeneca und eigenen Impfstoffen zu impfen. Zugleich gibt es auch eigene Impfstoffentwicklungen. Dies wird weltweit wohl neben China die größte Herausforderung einer Nation sein, 1.3 Mrd Menschen zu impfen. Zugleich sieht sich Indien als Apotheke der Welt - viele der Seren die in Europa verimpft werden kommen aus Indien und natürlich auch etliche Generika.
In Indien ebbt die erste Welle gerade ab. Von den Höchstzahlen Mitte September (an die 100.000 Infektionen am Tag) sind die Zahlen auf unter 10.000 Neuinfektionen/Tag gefallen. Die Gesamtzahl aller Infektionen liegt immer noch an 2. Stelle weltweit, bei den aktiven Fällen liegt Indien (zum Glück) weit hinter Ländern Europas.
Auf den Philippinen verhandelt die Regierung gerade darüber ins WHO Programm aufgenommen zu werden um sich auf diesen Weg Impfstoff zu sichern. Die Regierung hat mittlerweile angekündigt, dass im ersten Quartal 2021 fast 6 Millionen Impfdosen ankommen und verimpft werden.
COVID-Einblicke: Im selben Boot
Weiterhin steigen in vielen Ländern, in denen unsere Projektpartner/innen aktiv sind die Zahlen weiter rasant an. Berichte unserer Kolleginnen Angela Kemper, Eva Wallensteiner und Maria Pawelka. Kontakt: angela.kemper@dka.at eva.wallensteiner@dka.at maria.pawelka@dka.at
November 2020
Brasilien im Katastrophenmodus
Mit über 4 Mio. Infizierten und 130.000 Toten (Stand 13.9.2020) ist Brasilien einer der Hotspots der weltweiten Corona Epidemie. Statt Krisenmanagement stehen auf Präsident Bolsonaros politischer Agenda Machterhalt und der Schutz seines Familienclans. Wie schon im Umgang mit der Klimakrise leugnet Bolsonaro wissenschaftliche Erkenntnisse und die Empfehlungen der WHO. Corona trifft die ärmere Bevölkerung, darunter jene, die in städtischen Ballungsräumen auf engem Raum zusammenleben und die indigene Bevölkerung besonders stark. Unser Projektpartner CIMI (Indigenenmissionsrat der kath. Kirche) verzeichnet mittlerweile 25.577 Infektionen und 798 Todesfälle unter den indigenen Völkern Brasiliens.
Brasilien kämpft aber nicht nur mit dem Coronavirus, sondern auch mit einem Anstieg der Kriminalität und Mordrate. Allein im ersten Halbjahr 2020 stieg die Zahl der Tötungsdelikte um 6% im Vergleich zum Vorjahreszeitraum und das obwohl sich Teile Brasiliens im Lockdown befanden. Schamlos ausgenützt wird diese Situation auch von Holz- und Bergbaufirmen, die immer weiter und tiefer nach Amazonien vordringen, Schneisen in den Urwald schlagen, oder Brände legen.
Mitten in der Pandemie ist das wohl wichtigste Ministerium führungslos. Nachdem zwei Gesundheitsminister das Handtuch geworfen haben, ist nun ein General Interims-Minister. Weitere 40 Posten im Gesundheitsministerium sind derzeit von Militärs besetzt. Die Summe all dieser Absurditäten fasste der Bürgermeister von Manaus bereits im April so zusammen: „Das ist kein Ausnahmezustand mehr, das ist eine Katastrophe!“
Die Dreikönigsaktion unterstützt ihre Partnerorganisationen, indem sie Projektmittel zur COVID Prävention widmet und dort, wo es nötig ist, auch Lebensmittel zur Verfügung stellt. Damit sollen Zielgruppen unterstützt, informiert und mit Hygienematerial versorgt werden.
Mehr Infos zu den Auswirkungen der Corona-Krise auf Indigene in der Region auf der CIMI Homepage:

Wassertanks für sauberes Wasser zum Händewaschen. Foto: CIMI
Indien: Covid ist Hunger und Verzweiflung
Es ist unmöglich ein einheitliches Bild von Indien zu zeichnen, auch nicht, wenn es sich um die Auswirkungen der COVID Pandemie handelt. Am 24.März 2020 erfuhr Indien den größten, restriktivsten und vielleicht auch unvorbereitetsten Lockdown weltweit. Für 1,3 Milliarden Menschen stand alles still. Seither steigen Lebensmittelpreise täglich während Einkommensmöglichkeiten von einem Tag auf den anderen versiegt sind. Indien gehört zu den Ländern mit den höchsten täglichen Neuinfektionen bei sehr geringer Testfrequenz. Covid19 brachte nicht nur einen bedrohlichen Virus ins Land sondern auch Hunger und Verzweiflung.
Die Schulen sind seit März geschlossen und damit verlieren Kinder, den oft einzigen sicheren Raum. Kinderehen, sexueller Missbrauch von Minderjährigen und Kinderarbeit haben seit März erkennbar zugenommen. Der tägliche Überlebenskampf führt zu verzweifelten Handlungen. Unserer Partner/innen vor Ort haben schnell reagiert. Waren es in den ersten Wochen Lebensmittel, die Versorgung mit Hygieneartikel und dem notwenigen Mund-Nasenschutz so haben einige ihre Büroräume geöffnet damit Kinder weiterlernen können. Vielen Kindern in den Dörfern oder den Slums der Großstädte haben keine Möglichkeit an online-Klassen teilzunehmen. Dieser Ausgrenzung musste rasch begegnet werden, um sie nicht ihre Zukunftschancen zu berauben. In Kleingruppen wird nun vielerorts mehrmals am Tag gelernt, gespielt und vor allem gegen Angst und Hoffnungslosigkeit gearbeitet.

Mund-Nasenschutz-Produktion bei unseren Projektpartner/innen von SKS. Foto: SKS
Afrika: "Corona will pass while the scar will remain"
Zu Beginn der Coronavirus-Pandemie wurde eine medizinische Katastrophe in Afrika erwartet. Zumindest bisher scheint es, als würde der Kontinent davor verschont bleiben. Als Erklärung dafür wird auf der einen Seite das geringe Durchschnittsalter angeführt, auf der anderen, dass rigide Lockdown-Maßnahmen noch vor Beginn der Ausbreitung gesetzt wurden.
Aber zu welchem Preis? Wie immens die humanitären Folgen der Einschränkungen sind, zeigt sich in der Millionenmetropole Nairobi. Abertausende Menschen haben ihre Arbeit verloren. Ohne soziales Auffangnetz heißt das, sie kämpfen ums Überleben. Die Schulen bleiben bis Jahresende geschlossen. Die Wellblechhütten der Slums beherbergen auf meist weniger als acht Quadratmetern mehrköpfige Familien. Ohne Arbeit und Schule kommt es in den Familien, die so seit Monaten auf engstem Raum zusammengepfercht sind zu einem dramatischen Anstieg häuslicher Gewalt. Was tut man gegen einen solchen unsichtbaren Feind? Man spricht darüber. Auf den „sprechenden Wänden von Mukuru“ wird auf riesigen Wandgemälden Werbung für eine #enddomesticviolance – Hotline gemacht. Betreiber ist eine Partnerorganisation der Dreikönigsaktion. Die Hotline verschickt SMS mit Parolen wie "SHE COULD BE A MOTHER, SISTER, DAUGHTER, WIFE OR A FRIEND" oder "CORONA WILL PASS WHILE THE SCAR WILL REMAIN" – und bietet kostenlose Hilfe an.

„Corona wird vorübergehen - die Narbe wird bleiben“. Kunst: Samuel Mwangi, Foto: Samuel Odhiambo
Wenn wir unseren Blick über den Tellerrand heben, sehen wir, die Unterschiede zu Europa, zu Österreich sind gewaltig. Und doch gibt es Parallelen in den Ängsten, der Planungsunsicherheit und in dieser unsichtbaren Bedrohung, die sowohl die Menschen hier in Österreich wie auch unsere Projektpartner/innen rund um den Globus betreffen. Wir alle tragen Masken, wir alle versuchen soziale Kontakte zu minimieren, bangen um unsere Arbeitsplätze. Es wäre unangemessen Vergleiche anzustellen, denn in vielen Ländern des globalen Südens folgt auf den Kampf gegen die Corona-Pandemie ein neuer, alter Kampf: der gegen Hunger, gegen Unrecht und Gewalt, gegen die ungleichen Voraussetzungen in der Welt.
Wichtig ist es jetzt zusammenzustehen, denn für Hunger, Armut und die Pandemie gilt gleichermaßen: Gewinnen können wir den Kampf nur auf globaler Ebene. Und hierbei leisten nicht zuletzt unsere Sternsingerinnen und Sternsinger einen wichtigen Beitrag. Ihre Tour der Nächstenliebe ist heuer wichtiger denn je.
Wir trauern
Am 15. September 2020 ist unser unser langjähriger Projektpartner Balaraju Saravakota mit nur 53 Jahren an Covid-19 verstorben. Der Gründer der NGO “Nature” hat sich bis zu seinem Ende für die Rechte der Indigenen im indischen Bundesstaat Andhra Pradesh eingesetzt. Balaraju hinterlässt eine Frau und 2 Söhne.
Wie Balaraju waren und sind die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter unserer Partnerorganisationen seit dem Ausbruch der Pandemie rund um die Uhr im Einsatz. Einige von ihnen haben ihr Engagement mit dem Leben bezahlt.
Wir möchten ihnen für diesen unermüdlichen Einsatz danken, ihr Andenken ehren und sie in unsere Gebete miteinschließen.
Ägypten: Eindämmen und versorgen
August 2020
Ägypten war eines der ersten Länder in Afrika, in welchem bereits Mitte Februar offiziell Fälle von COVID-19 bestätigt waren. Mitte März wurde eine landesweite nächtliche Ausgangssperre verhängt, internationale und nationale Flüge wurden vorübergehend eingestellt, Restaurants und Geschäfte vorübergehend gesperrt. Sämtliche Bildungseinrichtungen sind bis September 2020 geschlossen. Nach einer zwischenzeitlichen Stagnation steigen die Infektionszahlen in den vergangenen Wochen stetig an. Mit 21. Juli sind 88.402 Infektionen zu verzeichnen.
Integrated Development Action of Minia, Partnerorganisation der Dreikönigsaktion, arbeitet in ländlichen Gemeinden der Provinz Minia, 240 km südlich von Kairo. Dass der Lebensstandard am Land niedrig ist und es an Gesundheits- und Bildungseinrichtungen mangelt, verschärft die aktuelle Situation im Kontext der Pandemie. Aufgrund der unzureichenden medizinischen Versorgung und fehlenden Unterbringungsmöglichkeiten für Infizierte kommt es zu einer rasanten Ausbreitung innerhalb der Familien, die auf engem Raum zusammenleben und keine Ausweichmöglichkeiten haben. Folge ist ein starker Anstieg der Infektionszahlen. Die Grundversorgung vieler Familien ist nicht mehr gewährleistet.

IDAM setzt wichtige Maßnahmen, um die Sterblichkeitsrate von COVID-19 Infizierten einzudämmen und die Weiterverbreitung des Virus einzuschränken. Medizinische Begutachtung und Versorgung von in Isolation lebenden Familien, Tests und die Behandlung von Symptomen mit Medikamenten werden organisiert. Teams bestehend aus NGO Mitarbeiter/innen, Führungspersönlichkeiten aus den Gemeinden, Ärzten und Ärztinnen und Gesundheitspersonal werden von freiwilligen jungen Hilfskräften unterstützt, die die Krankheit überstanden und sich bereits erholt haben.
Adäquate Schutzkleidung wird Einsatzkräften zur Verfügung gestellt, damit sie sich nicht infizieren. Durch die notwendige Isolation und da betroffene Personen ihrer Arbeit nicht mehr nachgehen können, fallen Einkünfte vielfach aus und es kommt zu Lebensmittelknappheit.
Betroffenen Familien werden Nahrungsmittel zur Verfügung gestellt. Darüber hinaus weisen bewusstseinsbildende Maßnahmen auf die Einhaltung der Abstandsregeln und das erforderliche Verhalten in Quarantäne hin und informieren über die Gefahren von COVID-19.

COVID 19: Die größte Herausforderung ist der Hunger
Einblicke in die Coronakrise weltweit – Projektreferent/innen der Dreikönigsaktion geben einen Überblick über die Auswirkungen der aktuellen Krise.
August 2020
Durch die aktuelle Coronakrise hat sich die Situation vieler Menschen im Globalen Süden drastisch verändert und mit ihr auch die Arbeit der Partnerorganisationen der Dreikönigsaktion. In vielen Ländern ist die größte Herausforderung mitunter nicht das Coronavirus, sondern die Suche nach ausreichend Lebensmitteln, um zu überleben. Im Beitrag erzählen Eva Wallensteiner, Clemens Koblbauer und Maria Pawelka von den aktuellen Herausforderungen in den Projektländern der Dreikönigsaktion und den Auswirkungen auf die Partnerorganisationen.
Indien
In Indien leben 1,3 Milliarden Menschen, die sich am 24. März sehr plötzlich mit einem der strengsten Lockdowns der Welt konfrontiert sahen, ohne Plan, ohne abfedernde Maßnahmen. Geschäfte, Schulen und Firmen wurde geschlossen und es fuhren keine öffentlichen Verkehrsmittel mehr. Busse und Züge wurden eingestellt, selbst die Ernte durfte nicht eingefahren werden. Wie in vielen Ländern dieser Welt lautete das Credo: zuhause bleiben. Doch in Indien sind diese Anordnungen insbesondere für rund 40 Millionen Wanderarbeiter/innen, die sich als Tagelöhner/innen ihr Brot verdienen und in einen anderen Bundesstaat als den eigenen emigriert sind, ein schwieriges Unterfangen. Zum einen wurden sie von einem Tag auf den anderen arbeitslos – ohne Reserven bedeutet dies nicht genügend Lebensmittel zur Verfügung zu haben; zum anderen konnten sie nicht mehr nach Hause fahren. Die Regierung reagiert auf die Hungernöte der Menschen mit Hilfspaketen. Um diese zu erhalten, braucht man einerseits eine staatliche Registrierung, dass man unter der Armutsgrenze lebt, andererseits bekommt man nur Unterstützung im eigenen Heimatbezirk. Daher sind migrantische Arbeiter/innen besonders von der Krise betroffen. Aus der Not heraus gingen viele hunderte Kilometer zu Fuß nach Hause, manche von ihnen verhungerten am Weg. Seit einiger Zeit werden Maßnahmen gelockert und es fahren wieder Züge, die sie nach Hause bringen. Laut Centre for Monitoring the Indian Economy waren in Indien im April insgesamt 120 Millionen Menschen arbeitslos, das sind 27,1% der Bevölkerung. Hinzu kommt die Heuschreckenplage, die manche Regionen Indiens erreichte. Die aktuelle Situation erlaubt es den Projektpartner/innen der Dreikönigsaktion nicht mehr ihre Arbeit wie bisher fortzuführen und direkt im Kontakt mit Menschen zu treten. Schulen sind, je nach Region, weiterhin geschlossen, Workshops, Schulungen und Besuche nicht möglich. Die Partnerorganisationen reagierten aber schnell auf die veränderten Umstände und leisten Corona-Soforthilfe: “Sie verteilen nun unter den vorherrschenden Schutzmaßnahmen in erster Linie Lebensmittel für notleidende Menschen”, erzählt Eva Wallensteiner, Projektreferentin der Dreikönigsaktion für Nord- und Nordostindien und fordert neue Lösungsansätze der Regierung: “Indien sollte nicht das Konzept, das jetzt in China oder Europa vielleicht fruchtet, eins zu eins umsetzen, sondern hier sehr schnell neue Wege finden. Es ist ein Land, das ständig mit Krisen zu kämpfen hat und die Menschen haben ein sehr hohes Maß an Kreativität, Flexibilität und Potenzial hier Veränderungen herbeizuführen.”

„Nebenwirkungen“ des Virus: von einem Tag auf den anderen auf Lebensmittelpakete angewiesen. Foto: Sewa Kendra Silchar
Nicaragua
Das zentralamerikanische Land Nicaragua geht im Umgang mit dem Coronavirus einen Weg, der sonst vor allem aus Brasilien bekannt ist: das Coronavirus kleinreden und aussitzen. Entgegen der Empfehlungen der WHO setzt die Regierung keine Maßnahmen und es fehlt an einer offenen und transparenten Kommunikation ihrerseits: öffentliche Schulen und Geschäfte hatten durchgehend geöffnet und Partys, Fußballspiele oder Märkte sind nach wie vor erlaubt. Vernünftige Stimmen in der Bevölkerung versuchen entgegen der Meinung des Präsidenten Ortegas die allseits bekannten Maßnahmen gegen das Virus umzusetzen – Abstand halten, zuhause bleiben. Nicaragua befindet sich allerdings nicht nur aufgrund der Coronakrise in einer heiklen Situation. “Im April 2018 kam es zu einer Demonstration von Studierenden und Jugendlichen gegen die Änderung im Pensionsversicherungssystem, die von Anhängern der Regierung brutal niedergeschlagen wurde. Daraufhin gab es mehrere Protestwellen mit Straßensperren der Zivilgesellschaft und Demonstrationen.”, erklärt Clemens Koblbauer, Projektreferent der Dreikönigsaktion für Nicaragua. Die Bevölkerung forderte Neuwahlen, den Rücktritt von Daniel Ortega und seiner Frau Rosario Murillo. Ortega lehnte diese Forderung ab, ließ die Straßensperren mit Gewalt auflösen und begann die Zivilgesellschaft zu verfolgen. Auch die Projektorganisationen der Dreikönigsaktion stehen seither unter starker Kontrolle von Seiten der Regierung. „Die Herausforderungen in Nicaragua liegen vor allem darin, dass die Zivilgesellschaft durch die sozialpolitische Krise der letzten zwei Jahre gespalten ist und dass sie sich mit sehr schwierigen Lebensbedingungen wie Ernteausfällen aufgrund des Klimawandels, Kriminalität und Armut auseinandersetzen müssen. Hinzu kommt nun die Coronakrise, die eine Regierung benötigen würde, die sich für die Bevölkerung einsetzt.“ so Clemens Koblbauer.

Kenia
In den Slums von Nairobi leben rund zwei Millionen Menschen auf engstem Raum ohne fließendes Wasser. Abstand halten und regelmäßig die Hände waschen ist dort unmöglich. Seit April haben viele Menschen ihre Arbeit verloren und kämpfen ums Überleben. „Die Krise zeigt deutlich, dass die Ungleichheit, die ohnehin schon groß ist, sich nochmal verschärft. So werden bereits existierende Probleme wie Korruption oder die schlechte Gesundheitsversorgung sichtbar.“, so Maria Pawelka, Projektreferentin der Dreikönigsaktion für Kenia. Die Regierung hat im März schnell ähnliche Maßnahmen wie Österreich getroffen, mit Einreisestopps und einem Lockdown. Schulen und Geschäfte wurden geschlossen, die Mobilität eingeschränkt. Für viele Tagelöhner/innen ist die Situation seither aber besonders prekär. Da die großen Märkte geschlossen haben, versuchen sie auf kleinen Marktständen Waren zu verkaufen. Die Menschen in den Slums leiden unter Hunger, es fehlt ihnen an sanitären Einrichtungen und nun auch an Arbeit. Die Maßnahmen der Regierung werden unter anderem mit Polizeigewalt durchgesetzt. Die Projektpartner/innen der Dreikönigsaktion haben aufgrund der aktuellen Situation ihre Arbeitsbereiche umgestellt und verteilen in erster Linie Nahrungsmittelpakete, Desinfektionsmittel und Masken, die sie zum Teil auch selbst herstellen. „Einige Partnerprojekte betreiben normalerweise berufsbildende Schulen mit Schneidereien. Durch die Herstellung und dem Verkauf von Masken können sie zumindest das Einkommen für ein paar Menschen sichern.“, erzählt Maria Pawelka.

Die Coronakrise zeigt deutlich die ungleichen Voraussetzungen in der Welt. Während es in Europa im Schnitt 4000 Intensiv-Betten pro eine Million Einwohner gibt, gibt es für die gleiche Zahl Menschen in Afrika fünf. In vielen Ländern des globalen Südens folgt auf den Kampf gegen die Corona-Pandemie ein neuer, alter Kampf: der gegen den Hunger und die ungleichen Voraussetzungen in der Welt. Dabei kann auch Österreich seinen Beitrag leisten.
Mehr Berichte unserer Projektpartner/innen
Weitere Beiträge zur Corona-Situation bei unseren Projektpartner/innen findest du hier:
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