Bischöfe fordern weltweite Regeln für Unternehmen zum Schutz von Menschenrechten um Umwelt
Über 100 Bischöfe und Kardinäle fordern die Staatengemeinschaft auf, die Menschenrechtsverantwortung von transnationalen Konzernen und anderen Unternehmen vorantreiben.
Die von 110 Katholischen Bischöfen und Kardinälen unterzeichnete Erklärung „Mehr denn je muss heute die Erfüllung der Sorgfaltspflicht in Lieferketten verpflichtend sein, um unternehmerischen Missbrauch zu unterbinden und weltweite Solidarität zu gewährleisten“ wurde am 6. Juli 2020 der Öffentlichkeit präsentiert und fordert Staaten dringend dazu auf, Menschenrechtsverletzungen und Umweltverbrechen von Konzernen durch verbindliche Rechtsvorschriften zu unterbinden
Die Bischöfe sprechen sich für ein Wirtschaftssystem aus, das den Grundsätzen von Würde und Gerechtigkeit folgt und einen respektvollen Umgang mit Menschen und Umwelt gewährleisten.
„Es braucht internationale Gesetze, die Konzerne zu einem respektvollen Umgang mit Menschen und Umwelt verpflichten. Würde und Gerechtigkeit sind Fundamente des christlichen Weltbilds. Sie gelten auch für Wirtschaft und Politik.“ unterstreicht Bischof Freistetter die Forderungen der Kirchenvertreter. Neben ihm haben aus Österreich noch Bischof Glettler, Bischof Krautwaschl, Bischof Zsifkovics sowie der aus Vorarlberg stammende Bischof em. Erwin Kräutler den Aufruf unterzeichnet.
In der Erklärung wird angeprangert, dass Unternehmen Profit vor Menschenrechte und Umweltschutz stellen. Die COVID-19-Krise hat die Situation weiter verschärft – insbesondere für die verwundbarsten Bevölkerungsgruppen, die keinen sozialen Schutz genießen. Einmal mehr waren Frauen von der Krise überproportional betroffen, und gleichzeitig „hat diese Pandemie unsere gegenseitige Abhängigkeit offengelegt und Chaos gesät in den globalen Lieferketten, die Fabriken grenzüberschreitend miteinander verbinden. Dadurch wurde unsere Abhängigkeit von verwundbaren Arbeiter(inne)n deutlich, die weltweit systemrelevante Arbeiten verrichten“.
Die Bischöfe rufen alle Mitglieder der Gemeinschaft der Menschen zur Solidarität auf und erklären, dass internationale Unternehmen ohne klare Rechtsgrundlage nicht davon abgehalten werden können, Steuern zu hinterziehen, Menschenrechte zu missachten, das Arbeitsrecht zu verletzen und ganze Ökosysteme zu zerstören. Die Bischöfe argumentieren, dass angesichts fehlgeschlagener Versuche auf freiwilliger Grundlage bindende Rechtsvorschriften zur Regulierung internationaler Unternehmen die einzige legislative Option ist, um Gemeinschaften zu schützen und die wechselseitige Verbundenheit aller Menschen zu feiern.
Während einige europäische Länder bereits Gesetze zur Sorgfaltspflicht in Lieferketten haben oder aktuell solche Gesetze erstellen, nimmt die EU als Ganzes nur langsam die Arbeit auf, den bestehenden Flickenteppich zu vereinheitlichen, wobei auch die Weiterentwicklung von Sektoren auf regionaler Ebene wichtig ist. EU-Justizkommissar Didier Reynders hat bereits einen Schritt in die richtige Richtung getan, als er ankündigte, dass in Kürze – im Rahmen des Wiederaufbauplans der EU nach der COVID-19-Krise sowie seines Beitrags zum europäischen Green Deal – obligatorische Rechtsvorschriften zur menschenrechtlichen und umweltbezogenen Sorgfaltspflicht für Unternehmen entwickelt würden. Während die Erklärung der Bischöfe solche Entwicklungen begrüßt, fordert sie von den Staatsoberhäuptern, einen Vorstoß zu machen, um bindende Rechtsvorschriften auf UN-Ebene voran zu bringen, indem sie sich in dem aktuellen Prozess der Gestaltung eines bindenden UN-Vertrags über Menschenrechteengagieren.
Die Erklärung der Bischöfe wurde von mehreren Führungspersonen der Kirche aus Ländern wie Indien, Myanmar, Uganda und Kolumbien unterzeichnet, wo Gemeinschaften besonders vom unverantwortlichen Handeln internationaler Unternehmen betroffen sind. Zudem haben viele Bischöfe aus Europa (Belgien, Deutschland, Frankreich, Luxemburg, Niederlande, Österreich, Schweiz, Spanien) die Erklärung unterzeichnet und setzen damit ein deutliches Zeichen dafür, dass Europa sich seiner Verantwortung stellen sollte.
Jakob Maierhofer-Wieser, Geschäftsführer der Dreikönigsaktion der Katholischen Jungschar, sieht die Erklärung der Kirche als wichtiges Zeichen der Solidarität mit Menschen im Globalen Süden: „Es freut mich, dass so viele Bischöfe und Kardinäle gemeinsam die Stimme erheben und sich für eine Regulierung von Unternehmen einsetzen und so den Frauen und Männer zur Seite stehen, die ihr Leben dem Kampf für Menschen- und Umweltrechte verschrieben haben.“
„Kirchenvertreter aus über 30 Ländern stehen hinter dieser Erklärung. Dadurch bekommt sie doppeltes Gewicht. Es zeigt wie wichtig es ist als Weltkirche gemeinsam Stellung zu beziehen. Kirche bezieht Standpunkt. Und dies klar auf der Seite der Armen und Unterdrückten.“ streicht Anja Appel, Geschäftsführerin der KOO (Koordinierungsstelle der österreichischen Bischofskonferenz für internationale Entwicklung und Mission) die globale Solidarität heraus.
Die Erklärung der Bischöfe bleibt für weitere Unterschriften geöffnet – insbesondere im Vorfeld der nächsten und sechsten Verhandlungsrunde über ein verbindliches UN-Abkommen über Wirtschaft und Menschenrechte.