EU-Handelsabkommen mit Andenstaaten nicht ratifizieren!

Prekäre Menschenrechtssituation in Kolumbien spricht gegen eine Genehmigung durch das österreichische Parlament

Wien, 28.03.2019: Heute wird im Parlament über das von der Europäischen Union mit Peru, Ecuador und Kolumbien ausverhandelte und bereits provisorisch angewandte Freihandelsabkommen entschieden. Aufgrund menschenrechtlicher Bedenken hat Österreich dem Abkommen bislang nicht zugestimmt. An den Fakten hat sich auch nichts verbessert.

Der wechselseitige Abbau von Handelshemmnissen sollte – so die Versprechen der Befürworter/innen des Abkommens – zu einem Anstieg der Exporte aus den Andenländern in die EU und zu einer Diversifizierung der Wirtschaft führen. Nach fünf jähriger Testphase ist die Bilanz aber ernüchternd: Über 90 % der Exporte in die EU sind weiterhin unverarbeitete Rohstoffe aus Landwirtschaft und Bergbau.

Dass diese Art von Exporten der breiten Bevölkerung wenig nützt, bringt die kolumbianische Projektpartnerorganisation der Dreikönigsaktion CODACOP sehr deutlich zum Ausdruck: „Das Modell ist auf die traditionelle Exportwirtschaft ausgerichtet und hier geht es vor allem um die Gewinnung von Bodenschätzen und Agrobusiness. Es handelt sich um eine Enklaven-Wirtschaft – die vielzitierte Diversifizierung bleibt aus. Die negativen Effekte des extraktiven Sektors trägt beispielsweise das indigene Volk der Wayúu, das noch weiter an den Rand gedrängt wird. Seit vielen Jahren wird nicht an die Förderung der kleinbäuerlichen Landwirtschaft oder die Belebung des internen Marktes gedacht.“

Die Menschenrechtslage hat sich in den letzten Jahren eher verschlechtert als verbessert. Für Menschenrechtsaktivist/innen und Gewerkschafter/innen ist Kolumbien weiterhin ein äußerst gefährliches Land: Allein im Jahr 2018 wurden 252 von ihnen getötet. Tendenz steigend. Auch hierzu äußert sich CODACOP: „Mehr als 2 Jahre nach Unterzeichnung des Friedensabkommens der Regierung mit der Guerilla-Gruppe FARC haben rund 8 Millionen innerhalb des Landes Geflüchtete und Vertriebene größte Schwierigkeiten, ihr Land zurück zu bekommen. Es wird von Großgrundbesitzern, Politikern und großen Unternehmen gehalten. Seine Rechte einzufordern – etwa sein Land zurück zu verlangen - ist auch heute in Kolumbien noch Grund genug, um verfolgt und getötet zu werden.“

Das zur Entscheidung anstehende Freihandelsabkommen enthält zwar Menschenrechtsklauseln und Nachhaltigkeitstitel und wurde mit „Fahrplänen“ für Menschenrechte, Umwelt- und Sozialstandards flankiert. All diese Instrumente haben sich bislang als weitgehend wirkungslos erwiesen. Da das vorliegende Abkommen aus entwicklungspolitischer und menschenrechtlicher Sicht mehr Schaden als Nutzen bringt, empfiehlt die Dreikönigsaktion den Abgeordneten zum Nationalrat, der Ratifizierung nicht zuzustimmen.

Hintergrundinfo zum Thema

Im Dezember 2012 stimmte das Europäische Parlament dem bereits damals sehr umstrittenen Handelsabkommen der Europäischen Union mit Peru und Kolumbien zu. Der Europäische Rat stufte es als „gemischtes Abkommen“ ein, was auch die Genehmigung aller nationalen Parlamente der EU-Mitgliedsstaaten erforderlich machte. 2013 trat das Abkommen daher nur teilweise und provisorisch in Kraft. Mittlerweile hat sich auch Ecuador dem Abkommen angeschlossen. Nach und nach genehmigten alle Staaten den Vertrag. Nur Belgien und Österreich haben bisher die Ratifizierung verweigert. Mit einem Ministerratsbeschluss brachte die ÖVP-FPÖ-Regierung im November 2018 den entsprechenden Prozess in Österreich auf Schiene. Am 13.3.2019 genehmigte der Außenausschuss des Parlaments mit den Stimmen der Regierungsparteien und der Neos das Handelsabkommen. Am 28.3.2019 ist das Plenum des Nationalrats am Zug.

Studie: Thomas Fritz: Fünf Jahre EU-Freihandelsabkommen mit Kolumbien und Peru. Europäische Werte auf dem Prüfstand

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